Sportsucht: Zu viel ist ungesund

In meiner Nähe wohnt ein Siebzigjähriger, der jeden Vormittag seine drei-Stunden-Radtour braucht. Und zwar in einem hübschen Tempo. Im Winter, wenn die Straßen zu glatt sind, geht er stattdessen wandern, und wenn es allzu sehr regnet, setzt er sich aufs Fahrrad-Ergometer im Keller. Der gute Mann ist der gesündeste Rentner, den ich kenne. Nur seine Frau klagt gelegentlich, dass man mit ihm nicht in den Urlaub fahren kann: Bekommt er auch nur einen Tag lang seine Bewegung nicht, wird er unerträglich. Der fitte Siebzigjährige „braucht“ seinen Sport, so wie ein Raucher seine Zigaretten. Bewegung macht süchtig, das haben auch Ärzte inzwischen bemerkt – und diese Sucht wird schnell genau so ungesund wie das Rauchen, das Saufen oder andere Drogen.

Was ist Sportsucht und wo fängt sie an?



      

Dass ein Mensch von Bewegung abhängig werden kann, ist Ärzten und Suchtforschern erst nach und nach klar geworden. Inzwischen gibt es einige wissenschaftliche Untersuchungen zu den Ursachen der Sportsucht; eine gute Behandlung dagegen gibt es nicht. Sehen wir uns also an, was man inzwischen weiß: Bewegung aktiviert im Gehirn die Belohnungszentren. Deshalb macht sie Spaß, und deshalb gibt es das legendäre „Runner’s High“. Aber mit der Zeit braucht es immer mehr Dosis für die selbe Wirkung: immer schneller und weiter für das High, immer mehr Bewegung. Die Gefahr dabei: Man riskiert zu viel, und bemerkt nicht mehr, wann man aufhören muss. Zwischen zwei harten Trainingseinheiten ruht man sich nicht mehr aus. Kleine Verletzungen sammeln sich an und werden groß.

Wo liegt die Grenze zwischen gesunder Bewegung und Sportsucht?

Eine klare Trennlinie scheint es hier nicht zu geben. Es ist ähnlich wie beim Alkohol: Manch einer trinkt zwar jeden Tag nur ein kleines Glas Wein, aber bekommt er es nicht, hat er sofort Entzugserscheinungen. Ein anderer trinkt jeden Tag einen Liter Bier, aber kann von einem Tag auf den anderen aufhören, ohne die geringsten Probleme. Wie viel „zu viel“ ist, weiß meistens die Familie am besten: Sätze wie „Wenn du einen Tag nicht Rad fährst, wirst du unerträglich.“ sind das deutlichste Zeichen für eine Sportsucht.

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