Wochenendabenteuer im Matsch

Mein Atem geht schnell, der Puls rast und meine Beine laufen wie von selbst. Über Wurzeln springend, den tiefsten Pfützen ausweichend und über das dichteste Unterholz springend. Vorwärts, ich muss vorwärts, nur dann komme ich meinem Ziel näher.

Seit über zwei Stunden bin ich schon unterwegs und wenige Minuten nach dem Start hat der Regen eingesetzt. Der Matsch wäre sowieso schon tief genug gewesen, doch durch diese Feuchtigkeit ist er nicht nur tief, er ist auch zäh und raubt Energie, viel Energie.

Ich spüre die Elemente. Mein ganzer Körper ist nass, der Wind pfeift aus Nordost und trotz dem Wonnemonat Mai ist es kühl, ziemlich kühl. Die klammen Hände greifen nach der Stange des nächsten Hindernisses. Diesmal müssen acht Monkeybars (Querstangen an einem Gerüst) gehangelt werden ohne herunter zu fallen. Die ersten drei sind kein Problem, doch dann rutschen meine matschigen und klammen Hände aus und ich muss dreißig Strafburpees machen. Ärgerlich.

Ach egal, wenigstens wird mir so wieder warm! Ich absolviere die Strecksprünge mit schwerem Atem. Meine Muskeln brennen sind fest und meine Wade krampft leicht. Aber ich höre bereits die Musik im Zielbereich. Es kann nichtmehr weit sein!

Ich renne weiter, doch das Ziel ist schwerer zu erreichen als gedacht. Im Zielbereich muss ich sechs weitere Hindernisse bewältigen, diesmal jedoch unter der Beobachtung von zahlreichen Zuschauern.

Die 2,70m hohe Holzwand ist schnell überwunden, das Schleppen des 30 Kilogramm schweren Sandsackes durch einen schlammigen Parcour kostet mich dagegen viel Energie. Gut, dass ich das nächste Hangelhindernis ohne Herunterfallen absolvieren kann, denn weitere 30 Burpees wären sehr hart für mich. Ich klettere das Seil hoch, die Glocke klingelt, ich ziehe einen schweren Sandack an einem Seil nach oben, springe über brennende Holzscheite und bin endlich im Ziel!

Ich bin glücklich, stolz und erleichtert! Mir wird meine wohlverdiente Medaille überreicht und meine Liebsten beglückwünschen mich von allen Seiten. Ich habe meine erste Beast Distanz (Langdistanz) geschafft. Ich war selten im Leben so glücklich wie jetzt gerade.

Aber es ist nicht nur das Finish dieses Rennens. Ich bin sehr stolz, dass ich die letzten zwölf Wochen ganz konsequent nach meinem Hindernislauf Trainingsplan trainiert habe, zwölf Wochen ein Ziel verfolgt habe. Man hört so oft „Der Weg ist das Ziel“ und bisher konnte ich mir nicht vorstellen was das genau bedeutet. Jetzt schon! Ich habe die letzten zwölf Wochen gelernt, dass ich mich auf mich verlassen kann, wenn ich etwas wirklich will. Ich bin fit geworden, ich bin konsequent gewesen und ich bin meinen Weg gegangen. Genau das macht mich so stolz in diesem Augenblick!

Heute habe ich ein Microabenteuer auf der Hindernislauf Rennstrecke erlebt, aber das eigentliche Abenteuer waren die letzten zwölf Wochen Vorbereitung.

Hindernislauf (OCR) als spannendes Wochenendabenteuer

Vor über sieben Jahren bin ich meinen ersten Hindernislauf gelaufen und habe damit eine Sportart gefunden die mich begeistert! Eigentlich heißt die Sportart OCR (Obstacle Course Racing), aber in Deutschland sagen wir flapsig Hindernislauf dazu. Ganz richtig ist das jedoch nicht, denn eigentlich versteht man unter Hindernislauf eine Disziplin aus der Leichtathletik die auf einer Bahn im Stadion gelaufen wird. Deshalb werde ich im Folgenden den Begriff „OCR“ verwenden.

OCR ist schnell erklärt, und doch muss man es selbst erleben um diese Sportart und die dahinterliegende Leidenschaft zu verstehen. Bei einem OCR Rennen läufst Du eine Strecke in der freien Natur und musst dabei natürliche und künstliche Hindernisse überwinden bevor Du das Ziel erreichst.

Die Streckenlängen variieren von wenigen Kilometern (Kurzdistanz) bis zu Ultraläufen mit über fünfzig Kilometern Länge und hunderten von Höhenmetern.

Ein Einsteiger startet normalerweise mit einer Kurzdistanz von ca. fünf bis sieben Kilometern und etwa fünfundzwanzig künstlichen Hindernissen. Bei den Hindernissen muss der Athlet springen, kriechen, sein Körpergewicht über ein Hindernis wuchten, hangeln oder auch Gewichte durch einen vorgegebenen Parcour tragen.

Doch damit nicht genug, gilt es zusätzlich die natürlichen Hindernisse der Strecke zu überwinden. Das können Bäche und Flüsse sein die durchquert werden müssen, Schlammgruben, Berge oder auch einfach nur Unterholz durch das der OCR Athlet laufen muss.

Ein OCR Athlet muss also umfänglich und ausgewogen trainiert sein um ins Ziel zu kommen.

Der Reiz des Obstacle Course Racings (OCR)

Für mich ist OCR viel mehr als eine Sportart. Bei diesem Sport erlebst Du ständig Mikroabenteuer und kannst sie mit einer unvergleichlichen und sehr netten Gemeinschaft teilen. Im OCR gibt es den Begriff der „OCRFamily“. Darunter verstehen die Sportler die Gemeinschaft, den Zusammenhalt und die Leidenschaft im Training und während der Rennen mit anderen Gleichgesinnten.

Natürlich handelt es sich auch beim OCR um einen Wettkampf, auch wenn es für Breitensportler auch die Möglichkeit gibt „open“ zu starten. In der Open-Wertung dürfen sich die Athleten sogar helfen, was das Gemeinschaftsgefühl noch steigert.

Doch ganz egal ob Du „open“ oder wettkampfbezogen startest, die Herausforderung auf der Strecke sind für jeden gleich und in erster Linie musst Du Dich selbst überwinden. Du spürst die Elemente, musst Dich ständig selbst übertreffen und musst flexibel auf die Hindernisse reagieren, denn Du weißt nicht immer was auf Dich wartet. Es ist fast wie im echten Leben, nur eben sehr intensiv in Form eines Rennens zusammengepackt.

Für mich bedeutet OCR Vielfalt, vor allem im Training. Ich liebe es flexibel zu trainieren. Ich laufe gerne in den Bergen und in der Stadt, ich gehe gerne ins Fitnessstudio, trainiere aber auch gerne mit dem eigenen Körpergewicht im Freien. Ich schwimme gerne und spiele immer wieder mal Fußball. Aber egal was ich auch sportlich mache, es bringt mich in meiner Sportart „OCR“ weiter, denn dort sind vielfältige Skills gefordert die ich auch in anderen Sportarten trainiere. Ich trainiere also quasi mehrere Sportarten für mein Ziel.  

Ich trainiere nach einem festen Plan, denn ich brauche die Konsequenz. Aber es bleibt genug Freiraum, dass ich flexibel und offen für die vielfältigen, schönen und von mir so sehr geliebten Arten der Bewegung bleiben kann.

Natürlich steht das Laufen im Vordergrund und deshalb probieren viele Läufer diese Sportart aus, aber OCR ist noch viel mehr. OCR hilft Dir, ein ausgewogener Athlet zu werden und das ist ein wunderbares Gefühl!

Der Autor kurz vorgestellt

Danke vielmals, dass Du mit mir zusammen den kleinen Ausflug ins Obstacle Course Racing unternommen hast. Ich hoffe, Deine Zeit war gut investiert.

Ich in Uwe, leidenschaftlicher OCR Athlet und Trainer (Ausdauer- Athletik- und Fitnesstrainer mit A-Lizenz). Ich liebe Sport und möchte mich auf gar keinen Fall auf nur eine Sportart begrenzen lassen. Zum OCR bin ich vor vielen Jahren zufällig gekommen, aber es war ein glücklicher Zufall.

Neben dem OCR laufe ich viel (vor allem Trailläufe) und versuche mich mit unterschiedlichsten Sportarten fit zu halten.

Ich schreibe regelmäßig auf meinem Blog „Rockyourgoal.de“ über Sport und Performance und möchte Max an dieser Stelle vielmals für sein Vertrauen danken. Vielen Dank, dass ich als Gast auf Deinem wunderbaren Blog schreiben durfte.

Dein/euer

Uwe

Bild: Mr. Mouse ist der Gründer des „Tough Guy“ und der inoffizielle „Erfinder“ von OCR. Ich hatte 2017 das Vergnügen im Rahmen des 30-jährigen Jubiläums des Tough Guy zu treffen.

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